Nach zweimaliger Führung und ein Mal Rückstand in einem turbulenten Spiel können unsere Jungs am Ende nur einen Punkt zu Hause behalten.
„Jaaaaaaa! Wie geeeeeil!“ – „Oooch näääääää!“ – „Alter, Neeeeeeein“ – „Jawooooohl!“ – „Jaahahahahaa!“ – „Oh Maaaaann!“. So lässt sich die Torabfolge in einem doch recht wahnsinnigen Spiel zusammenfassen. Wir hatten es mit einer beeindruckend starken Fürther Mannschaft zu tun, die phasenweise so spielte, wie in ihrem Aufstiegsjahr, als sie fernab der Konkurrenz die Tabellenführung verteidigte. Und unsere Jungs hatten mächtig Probleme, wirkten bisweilen sogar überfordert, fingen sich dann aber wieder.
Dabei war der große Wurf drin – ein deutlicher Sieg mit mindestens zwei Toren Abstand und wir hätten erstmalig von ganz oben gewunken. Doch bereits die Startaufstellung hat uns etwas stutzig gemacht – denn die sah nicht aus, als wenn man hier mit voller Kraft voraus auf Sieg und Tabellenführung setzt.
Aufstellung & taktische Ausrichtung
Unser Trainer war vor der Partie mit der Frage konfrontiert, wer denn nun in der Innenverteidigung beginnen sollte, da Kapitän Bodzek nach auskurierter Verletzung wieder fit für den Einsatz war. Allerdings hatte das Duo Tah / Soares in den letzten beiden Partien hervorragend harmoniert – was also tun? Da unser „aggressive Leader“ Pinto jedoch noch länger ausfällt, beorderte Olli seinen Kapitän in die zentrale Mittelfeldreihe neben Avevor und Lumpi um dort für Schwung und Stabilität zu sorgen. Dieser Wechsel bedingte dann auch den Platz auf der Bank für Gartner. Michael Rensing konnte nicht mal dort Platz nehmen, da ihm beim Aufwärmen vor dem Spiel seine Verletzung aus der Woche einen Strich durch die Rechnung machte und er somit verletzt für Lars Unnerstall das Feld, bzw. Tor räumen musste. Ansonsten begannen die gleichen Mannen wie beim Auswärtserfolg in München vor der Länderspielpause. Die taktische Grundordnung in einem 4-3-2-1 wurde ebenfalls genauso gewählt, wie gegen die Löwen.
HZ1: Bodycheck und Eumel-Tor
In der üblichen Abtastphase zu Beginn des Spiels wird direkt deutlich, dass Fürth was reißen will. Das wirkte direkt flüssig und ballsicher. Wir brauchen anfangs wesentlich länger, um ins Spiel zu finden, suchen aber ebenfalls den Weg nach vorne und zeigen das für Heimspiele übliche frühe Pressing. Das führt dann in der 10. Minute zum ersten Torjubler des Abends: Benschop setzt Caligiuri und Gästetorhüter Hesl im Spielaufbau so unter Druck, dass der Außenverteidiger seinen Keeper mit einem katastrophalen Querpass im eigenen 16er in arge Not bringt. Joel Pohjanpalo presst mit und prallt recht rustikal mit Hesl zusammen, der verzweifelt versucht noch an den Ball zu kommen. Schiedsrichter Drees läßt nach dem Zusammenprall weiterlaufen, Charlie kommt an die Kirsche und netzt vollkommen ungehindert zur 1:0 Führung ein. Da Hesl erstmal angeschlagen liegen bleibt, ist die Stimmung irgendwie verhalten und alle wundern sich, dass der Treffer gegeben wird. Da es aber von Pohjanpalo kein Foulspiel war, ist der Treffer wohl regelkonform… aber seien wir mal ehrlich, wäre das so auf der anderen Seite passiert, hätte der Baum gebrannt und „Schieber“ wäre wohl der harmloseste Kosename für Drees an diesem Abend gewesen… aber sei es drum – Führung im Sack, der Rest ist Wurscht!
Den Gedanken können wir genau für 2 1/2 Minuten genießen, denn Fürth bekommt nach unnötigem Soares-Foul einen Freistoß; das Spielgerät kommt in unseren Strafraum, Axel steht nicht bei Gegenspieler Gießelmann und der kann ungehindert zum Ausgleich einköpfen! Irgendwie ein Eumel-Tor und zu dem Zeitpunkt völlig unnötig! Unsere Jungs setzen das frühe Pressing aber weiter fort, aber Fürth macht das Spiel und verlagert gekonnt das eigene Angriffsspiel auf Konter. Richtig zwingende Chancen sind totzdem Mangelware, lediglich in der 31. Minute wird es mal kurz gefährlich, als Liendl Pohjanpalo hervorragend in Szene setzt, der aber leider seinen Schuss knapp neben das Tor der Gäste setzt. Ansonsten fällt leider nur auf, dass Lumpi und Axel an diesem Tag zusammen auf der linken Seite nicht das beste Pärchen bilden. Zahlreiche Ballverluste, verlorene Zweikämpfe und missglückte Zuspiele in Kombination mit der ausbaufähigen filigranen Finesse der Zwei, lassen die linke Seite zur schwächeren Fortuna Seite an diesem Abend werden. Das spürt Fürth natürlich. Trotzdem geht es dann erstmal mit dem Unentschieden in die Pause.
Eine kurze Anmerkung noch zum Halbzeitspiel im Stadion – also, mal abgesehen davon, dass diese Spiele seit jeher gähnend langweilig sind, werden jetzt auch noch einfach Spielregeln über Bord geworfen. Der Kandidat ignoriert einfach die vorgegebene Schussbahn und jagt die Pille quer über das mühevoll absteckte Spielfeld… Und unser André muss die Regularien wegen der Unsitten der Teilnehmer verbiegen und erlaubt den Schabernack… Wo kommen wir denn da hin?? Naja gut – das Beste am Halbzeitspiel ist, dass es schnell vorübergeht.
HZ2: Kein Zugriff, volle Möhre und der Stimmungsdämpfer
Die zweite Hälfte beginnt mit dem Wechsel Gartner für Soares (hatte bereits Gelb gesehen), dadurch rückt Bodzek in die Innenverteidigung und der junge Österreicher übernimmt den Platz im Mittelfeld. Das Match ist aber irgendwie seltsam; Spiel und Stimmung sind recht emotionslos und die Fortunen haben auf dem Platz keinen richtigen Zugriff auf Ball und Gegner. Das nutzen die Gäste dann auch recht kühl zur eigenen Führung. In der 54.Minute bekommt Fürth die zweite Ecke in Folge, die aber an Freund und Feind vorbei zieht, Lumpi geht dem Leder nach und wir denken, hier ist der Drops gelutscht…. aber da haben wir die Rechnung ohne den Wirt gemacht! Der Fürther mit dem schönen Namen „Przybylko“ setzt nach und drückt Lumpi im fairen Zweikampf weg, als wäre er ein 90-jähriger Opi mit Gehhilfe; Flanke in den Strafraum, Kopfball Zulj und die Gäste führen durch das nächste Dödel-Tor! Fürth kommt nun immer besser ins Spiel und die Fortunen sind etwas von der Rolle. Ein wenig erheiternd ist zu diesem Zeitpunkt lediglich Pele Wollitz, der auf Sport1 als Co-Kommentator einen philosophischen Classic nach dem anderen raushaut. Sätze wie „Boah, dat kann man aber besser ausspielen, ne?“ kommen wie aus der Pistole geschossen und beinahe durchgehend während der gesamten Übertragung. In der 60.Minute kommt Bolly für den leider wirklich schwachen Lumpi.
Um die 70. Minute gibt es dann endlich mal wieder eine Chance für uns zu sehen, aber Pohjanpalo kann (noch) nicht zum Ausgleich einnetzen, trotzdem beginnt durch diese Aktion das Feuer zu lodern, der Emotionsfunke ist entfacht. In der 77. Minute ist es dann der Schwung bringende Bolly, der nach einer schönen Balleroberung von Schauerte, die Kirsche flach in den Strafraum flankt und Pohjanpalo findet, der seinem 8. Saisontreffer und den Ausgleich erzielt. Nun ist Feuer unterm Dach und die Fortuna endlich im Spiel. Zwei Minuten später folgt dann ein perfekter Pass von Pohjanpalo in den gegnerischen Strafraum auf Charlie. Der legt den Ball an Keeper Hesl vorbei und dieser räumt den karibischen Holländer einfach mal ab – Pfiff – Elfmeter! Benschop nimmt sich selbstbewusst das Spielgerät, obwohl eigentlich Liendl wollte, und tritt zum Strafstoß an. Was folgt, ist ein „Voll-auf’s-Maul-Elfer“ par excellance! Anlauf, Vollspann und volle Möhre in den Winkel! …wäre das eine Szene aus einem Comic gewesen, hätte daneben ein fettes „Boom“ gestanden! Aber genug geschwelgt, denn in der euphorisierten Stimmung der letzten Minuten, müssen wir dann doch noch den Stimmungsdämpfer „Ausgleich“ erleben. Wieder kriegen wir hinten die spielstarken Fürhter nicht in den Griff und werden überrannt. Aber nun gut – so geht dieses seltsame Spiel dann auch leider irgendwie verdient, mit 3:3 Unentschieden zu Ende.
PERSONELLES
Unnerstall hat uns kurz vor Schluss den Punkt gerettet. Ansonsten war er bei den Toren zwar weitestgehend fehlerfrei, sah aber besonders beim 1-2 etwas unglücklich aus. Auf seine Kappe muss er aber sicher nichts nehmen. Das sieht bereits bei Linksverteidiger Axel anders aus. Beim 1-1 lässt er seinen im 16er einfach machen und beim 1-2 weiß er nicht, wo rechts oder links ist. Insgesamt ein Spiel zum Vergessen. ABER: Dafür hat er bisher auch mit großen Leistungen brilliert. Insofern: Schwamm drüber. Soares stand eigentlich stets ganz gut, foult aber einfach zu häufig und ungeschickt. Er kriegte deshalb früh Gelb und wurde deswegen zur Halbzeit ausgewechselt und Bodzek rückte nach schwachem Auftritt im Mittelfeld zurück in die Innenverteidigung. Da gehört er auch hin. Mittelfeld kann er nicht (mehr). Tah war wieder brilliant. Neben seiner aberwitzigen Zweikampfsstärke ließ er unter großen Jubel auch noch zwei Fürther bei einem Minidribbling alt aussehen. Immer wieder groß der Bursche.
Schauerte war nach hinten stabil, aber nach vorne harmlos. Sowohl bei ihm als auch bei Axel lag das aber daran, dass die beiden keine offensiven Flügelleute im Mittelfeld hatten. Lumpi war leider Gottes eine Vollkatastrophe. So fies es klingt: Ihn hat seine Presse-Lobby in Express, RP und B*** in die Startelf geschrieben – doch da hat er sich auch ganz schnell wieder rausgespielt. Kaum Zweikämpfe gewonnen und viele Fehlpässe. Schade. Es gab Applaus, als er gegen Bolly ausgewechselt wurde. Der wiederum hat richtig Alarm gemacht – wenn der nur eine engere Ballführung drauf hätte… Aber sein Assist könnte ein gutes Argument für einen Startelfeinsatz am Samstag sein.
Avevor war solide und störte mehrmals sehr effektiv das schnelle Fürther Aufbauspiel. Gartner war in der zweiten Halbzeit, als er für Soares kam, eine echte Bereicherung. Der Junge hat Übersicht und kann spieleröffnende Pässe spielen. Das konnten vorher Avevor-Bodzek-Lumpi absolut nicht. Liendl hat fast immer nur die verrückten Pässe versucht. Es hätte auch mal der einfache, sichere Ball etwas gebracht. Doch er lebt nun mal für den Überraschungsmoment – und sein unfassbar geiler Pass auf Pohjanpalo in der ersten Halbzeit verzeiht ihm manchen Fehler. Benschop war wieder ein absoluter Aktivposten. Die beiden Tore werden ihm sehr gut tun. Pohjanpalo war ebenfalls einer der stärkeren. Trotz seiner schlanken Statur zweikampfstark und mit genialen Torriecher ausgestattet. Startelfplatz verteidigt.
AUSBLICK
Wir sind jetzt nur noch zwei Punkte hinter Rang #2 – aaaaber auch nur noch drei Punkte vor Platz #8. Das ist mal wieder eine enge Kiste in der zweiten Liga. Als beste Auswärtsmannschaft und weiterhin seit 11 Spielen ungeschlagen reisen wir Samstag nach Aalen – zum Tabellenletzten. Da dürfte er Reck ruhig dann mal wieder etwas offensiver aufstellen – denn wir hatten in der Startformation von Montag lediglich drei Offensivkräfte in der Startelf.
Bolly und Gartner haben sich beide empfohlen. Besonders Gartner dürfte dabei helfen, ein etwas überzeugenderes Offensivspiel zu gestalten. Vermutlich bedeutet das aber wieder die Bank für Soares. Denn auch wenn er zuletzt stark spielte, führt wohl kein Weg an Kapitän Bodzek vorbei – zumindest derzeit. Samstag, 13.00, wissen wir mehr.
Aber hierzu würden wir auch gerne Eure Meinung wissen in unserer Frage der Woche zu Innenverteidigung und defensivem Mittelfeld. Wer sind die „passenden Pärchen“?
In diesem Sinne, 95 OLÉ
Adnan & Ingo